Sprechmotorik und Spracherwerb in der typischen Entwicklung und bei komplexen Störungsbildern
Dr. Theresa Schölderle, Elisabet Haas & Prof. Dr. Wolfram Ziegler
Kontakt: theresa.schoelderle@ekn-muenchen.de
Das Projekt stellt die Fortsetzung der Studie „Sprechen in der typischen Entwicklung und nach früher Hirnschädigung: Eine entwicklungsorientierte neurophonetische Studie kindlicher Dysarthrien“ (DFG, 2016-2020) dar. Es befasst sich mit Dysarthrien (neurologische Sprechstörungen) im Kindesalter. Erstmals werden dabei Einflüsse der kindlichen Entwicklung und Interaktionen mit anderen Dimensionen des Spracherwerbs systematisch untersucht.
Während der ersten Projektphase wurde ein Untersuchungsansatz erarbeitet, der es ermöglicht auf entwicklungsgerechte Weise Standardsprechproben von Kindern aufzunehmen. Zudem konnte eine große Gruppe typisch entwickelter Kinder untersucht werden, anhand derer auditive Normdaten für neurophonetische Parameter generiert wurden.
Auf Basis dieser methodischen Grundlagen wurden verschiedene wissenschaftliche Fragestellungen beantwortet: So erfolgte zunächst eine Abgrenzung zwischen Symptomen kindlicher Dysarthrien und physiologischen Sprechmerkmalen, die für eine klinische Diagnostik von hoher Relevanz ist. Auch wurde geprüft, inwieweit Dysarthrien im Kindesalter hinsichtlich ihres klinischen Bildes mit im Erwachsenenalter erworbenen Formen vergleichbar sind. Ausgehend vom Promotionsprojekt von Elisabet Haas (Studienstiftung des deutschen Volkes, 2017-2020) wurde außerdem im Rahmen einer Längsschnittstudie der Verlauf kindlicher Dysarthrien beschrieben.
Im Fortsetzungsprojekt steht die Erweiterung der klinischen Zielgruppe im Vordergrund. Neben Kindern mit Cerebralparese, die im Mittelpunkt der ersten Projektphase standen, werden nun auch Kinder mit Down Syndrom untersucht. Dabei wird die Frage adressiert, welche Bedeutung der dysarthrischen Störungskomponente im Verhältnis zu anderen Auffälligkeiten (z.B. anatomisch-strukturelle Besonderheiten, Sprachentwicklungsstörung, Hörstörung) zukommt. Außerdem werden Kinder mit Sprachentwicklungsstörungen in die Studie aufgenommen, um zu klären, ob primäre Störungen der Sprachentwicklung auch mit Auffälligkeiten der sprechmotorischen Funktionen einhergehen.
Das Projekt trägt zu einem fundierten theoretischen Wissen über kindliche Dysarthrien und die sprechmotorische Entwicklung bei. Es schafft Grundlagen für eine spezifische und valide Diagnostik.
Das Projekt wurde zunächst durch eine Anschubförderung der Graduate School Language & Literature der LMU (2015-2016) gefördert. Es folgte die erste Förderung der Deutschen Forschungsgemeinschaft (SCHO 1742/1-1; ZI 469/18-1; 2016-2020), die anschließend verlängert wurde (SCHO 1742/1-2; ZI 469/18-2; 2020-2025). Die Studienstiftung des deutschen Volkes finanzierte das Promotionsprojekt von Elisabet Haas (2017-2020).
Online Lernmodul Kindliche Dysarthrien
Das in der EKN entwickelte, kostenfrei zugängliche Online Lernmodul bietet Informationen rund um das Störungsbild der kindlichen Dysarthrien, die in Forschung und Lehre bislang wenig Aufmerksamkeit erhalten haben. Die Seite vermittelt Grundlagenwissen, stellt diagnostische und therapeutische Möglichkeiten dar und bietet ein Hörtraining zur besseren auditiven Beurteilung kindlicher Dysarthrien an.
www.lernmodule-sprachtherapie.de/kindliche-dysarthrien
Wissenschaftliche Kooperationen
- Katie Hustad, University of Wisconsin-Madison
- Antje Mefferd, Vanderbilt University
- Anja Kuschmann, University of Strathclyde
- Annette Baumgärtner, Universität zu Lübeck
- Annette Fox-Boyer, Universität zu Lübeck